Befristete Arbeitsverträge
Arbeitsverhältnisse sind Dauerschuldverhältnisse und bilden die Grundlage der wirtschaftlichen Existenz eines Arbeitnehmers. Entfallen die monatlichen Einkünfte, führt dies oft zu erheblicher Unsicherheit, eine längere Planung ist plötzlich nicht mehr möglich, die Erfüllung laufender Zahlungspflichten teilweise gefährdet.
Für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen müssen deshalb in der Regel bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, jedenfalls wenn die Beendigung vom Arbeitgeber ausgeht, der Arbeitnehmer selbst muss meist nur die Form (§ 623 BGB: schriftlich!) und die für ihn geltende Kündigungsfrist einhalten.
Vom Arbeitgeber wird deutlich mehr verlangt, sofern sein Betrieb eine gewisse Größe überschreitet (z. B. mehr als fünf bzw. zehn Arbeitnehmer, § 23 KSchG), kündigen kann er nur bei Vorliegen bestimmter im Gesetz genannter Kündigungsgründe. Sind diese nicht gegeben oder lassen sie sich zumindest nicht beweisen, gewinnt der Arbeitnehmer den Prozess, der Arbeitgeber muss ihn weiter beschäftigen, oder mit dem Arbeitnehmer eine einvernehmliche Beendigung vereinbaren, oft gegen Abfindung.
Viele Arbeitgeber wollen diese Unsicherheit und die teilweise hohen Kosten vermeiden, indem sie versuchen, eine Kündigung überflüssig zu machen. Das Arbeitsverhältnis soll aus ihrer Sicht idealerweise von selbst enden, aufgrund einer Befristung, zu einem bestimmten Termin, oder sobald der Bedarf entfallen ist.
Politisch ist so etwas bis heute umstritten, die einen möchten es möglichst ganz verbieten, die anderen den Arbeitgebern mehr Flexibilität ermöglichen. Dass dieses Dilemma nicht leicht zu lösen ist, zeigt eine EU-Richtlinie von 1999, in der man beidem gerecht werden wolte: man erkenne an, dass "unbefristete Verträge die übliche Form darstellen und (...) befristete Beschäftigungsverträge unter bestimmten Umständen den Bedürfnissen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern entsprechen."
In dieser Richtlinie 1999/70/EG wurden "allgemeine Grundsätze und Mindestvorschriften für befristete Arbeitsverträge" niedergelegt, die von den einzelnen Mitgliedsstaaten in ihrer nationalen Gesetzgebung zu berücksichtigen sind. In der Bundesrepublik Deutschland ist dies in erster Linie im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geschehen, im Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtrG), im Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) usw.
Befristung plus Probezeit?
Viele Arbeitgeber haben Sorge, einen neuen Mitarbeiter, den sie bisher kaum kennen, nicht wieder loszuwerden. Sie wollen nicht allein auf eine Befristung vertrauen, sie wollen sich die Möglichkeit schaffen, das Arbeitsverhältnis schon vor Ablauf des vereinbarten Zeitraums zu beenden, durch eine Kündigung. Aber auch sie wirkt nicht von heute auf morgen, es sind meist Mindestfristen einzuhalten, etwa "vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats" (§ 622 Abs. 1 BGB).
Möchte ein Arbeitgeber in der zweiten Hälfte des laufenden Monats kündigen, z. B. am 19.12.2023, wird diese Kündigung frühestens vier Wochen später wirksam, aber eben nicht exakt vier Wochen später, sondern in diesem Fall zum Ende des Folgemonats, also zum 31.01.2024, das sind nicht vier, sondern gut sechs Wochen.
Helfen können sich Arbeitgeber mit der Vereinbarung einer Probezeit. Solange diese läuft, kann jedes Arbeitsverhältnis, auch das befristete, von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden (§ 622 Abs. 3 BGB). Es gibt auch keine Beschränkungen bei den Kündigungsterminen, es kann nicht nur zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Monats gekündigt werden, sondern taggenau, in dem vorgenannten Beispiel am 19.12.2023 zum 02.01.2024.
Dabei reicht es aus, wenn der Ausspruch der Kündigung, also die Zustellung des Kündigungsschreibens an den Arbeitnehmer, innerhalb der noch laufenden Probezeit erfolgt, der Kündigungstermin - in dem vorgenannten Beispiel der 02.01.2024 - kann außerhalb, also nach dem Ende der Probezeit liegen.
Allerdings müssen Arbeitgeber bei der Formulierung sehr genau darauf achten, dass sie sich kein Eigentor schießen. Die Vereinbarung einer Probezeit wird häufig als der Beginn eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses verstanden. Es muss aus dem Vertrag klar hervorgehen, dass beides gewollt ist, am Anfang die Probezeit und später die automatische Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Erreichen des von vornherein festgelegten Befristungsendes.
Die Probezeit darf nicht zu lang gewählt werden. Die von vielen Arbeitgebern verwendeten Muster-Arbeitsverträge nennen häufig sechs Monate, das ist die im Gesetz genannte Höchstdauer (§ 622 Abs. 3 BGB). In unbefristeten Arbeitsverhältnissen ist so etwas zulässig, in befristeten kann es zu viel sein: der Bundestag hat den § 15 TzBfG mit Wirkung ab 01.08.2022 um einen neuen Absatz 3 ergänzt, danach muss in einem befristeten Arbeitsverhältnis die vereinbarte Probezeit "im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen", mit anderen Worten: die Probezeit muss unter anderem zur Laufzeit des Vertrages passen.
Wenn der Gesetzgeber den Begriff "verhältnismäßig" verwendet, will er sich bewusst nicht exakt festlegen. Die Rechtsanwander, also z. B. die Gerichte, sollen im Einzelfall selbst entscheiden können, ob eine Probezeit angemessen ist oder nicht. Wenn ein Arbeitsverhältnis sowieso nur ein Jahr bestehen soll, könnten sechs Monate Probezeit zu viel sein, auch die Art der Tätigkeit ist zu berücksichtigen: je geringer die Anforderungen sind, desto kürzer muss die Probezeit sein.
Was ebenfalls nicht im Gesetz steht, aber jeden interessiert: Was ist die Folge, wenn es nicht passt? Das hat der Gesetzgeber in die Gesetzesbegründung geschrieben: ist die Dauer der vereinbarten Probezeit "unverhältnismäßig", gilt überhaupt keine Probezeit, also keine verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen, sondern in aller Regel wieder die oben beschriebene Mindestfrist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder Ende eines Monats (BT-Drucksache 20/1636, S. 34).
Anlass für die Einfügung des § 15 Abs. 3 TzBfG war eine europäische Richtlinie über "transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union" von 2019, in deren Artikel 8 sich noch weitere Vorgaben finden, etwa zur Verlängerung von Probezeiten, wenn der zu erprobende Arbeitnehmer längere Zeit krank war.
Etwas anderes ist die Verlängerung der Vertragslaufzeit: wird ein befristetes Arbeitsverhältnis verlängert, kann keine neue Probezeit vereinbart werden, jedenfalls nicht, wenn die Funktion und Aufgaben des Arbeitnehmers dieselben bleiben (Art. 8 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2019/1152/EU).
Wann ist ein befristeter Arbeitsvertrag beendet?
Bei Befristung denken die meisten an ein bestimmtes Enddatum, und in der Tat ist in vielen befristeten Arbeitsverträgen ein solcher Zeitpunkt genannt, etwa "bis 30.09.2023".
Das muss aber nicht so sein, das Gesetz spricht zunächst nur von einem "auf bestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 TzBfG). Dieses "auf bestimmte Zeit" kann zweierlei bedeuten: für eine nach dem Kalender berechenbare Dauer, oder für einen bestimmten Zweck, etwa eine konkrete Aufgabe.
Im ersten Fall spricht man von einem "kalendermäßig befristeten", im zweiten Fall von einem "zweckbefristeten" Arbeitsvertrag (§ 3 Abs. 1 Satz 2 TzBfG).
In beiden Fällen wird vom Gesetz Genauigkeit verlangt: die kalendermäßige Befristung muss hinreichend bestimmt sein, die Angabe "für drei bis vier Wochen" reicht nicht, sollte so etwas in einem befristeten Arbeitsvertrag stehen, ist das Arbeitsverhältnis in Wirklichkeit unbefristet geschlossen, endet also nicht von selbst.
Beim zweckbefristeten Arbeitsvertrag muss aus dem Vertragstext erkennbar sein, dass das Arbeitsverhältnis mit diesem Zweck "steht und fällt", es muss von ihm abhängig sein. Außerdem muss sich aus Sicht eines Dritten, also nicht nur für den Arbeitgeber, objektiv und eindeutig bestimmen lassen, ob der Zweck erreicht wurde.
Es ist allerdings der Arbeitgeber, der insofern den ersten Schritt macht, er muss seinem Arbeitnehmer erklären, dass der Zweck nun erreicht sei, und er muss dies schriftlich tun. Das Arbeitsverhältnis endet nicht sofort, sondern frühestens zwei Wochen nach Zugang der Mitteilung über die Zweckerreichung (§ 15 Abs. 2 TzBfG).
Es gibt neben den kalendermäßig befristeten und den zweckbefristeten Arbeitsverhältnissen noch eine dritte Gruppe, das sind die Arbeitsverhältnisse, die von Anfang an unter einer auflösenden Bedingung stehen. Bei ihnen weiß der Arbeitgeber nicht, ob ein bestimmter Fall eintreten wird. Er möchte den Arbeitnehmer nicht nur für einen konkreten Zweck, er will ihn eigentlich für möglichst lange Zeit, er will ihn aber sofort loswerden, wenn er ihn z. B. nicht mehr einsetzen darf:
Etwa bei Einstellungen in Betrieben, in denen ein Betriebsrat besteht. Dort benötigt der Arbeitgeber stets die Zustimmung des Betriebsrates: schweigt er, gilt sie nach einer Woche als erteilt. Widerspricht er der Einstellung, müsste der Arbeitgeber die fehlende Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzen lassen (§ 99 BetrVG). Wem das zu aufwendig ist, der vereinbart mit dem Mitarbeiter, dass seine Einstellung unter dem Vorbehalt der Verweigerung des Betriebsrats steht.
Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, ist das Arbeitsverhältnis automatisch aufgelöst, allerdings nicht sofort, sondern wie bei der Zweckerreichung frühestens zwei Wochen nachdem es dem gerade erst eingestellten Mitarbeiter vom Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt wurde (§ 21 TzBfG).
Ein anderer häufiger Fall ist das Entfallen bestimmter Eignungen oder Erlaubnisse, wie etwa bei angestellten Ärzten die Entziehung der Approbation (§ 5 BÄO) oder bei gewerblichen Piloten der Widerruf des fliegerärztlichen Tauglichkeitszeugnisses der Klasse 1 (Verordnung 2011/1178/EU).
Rechtsanwalt Lars Finke, LL.M., Fachanwalt für Arbeitsrecht, Mülheimer Str. 85, 47058 Duisburg (Stadtteil Duissern)