Lebens-/Rentenversicherung - Teil 2

Wer sich mit dem Gedanken an eine Trennung oder Scheidung trägt, sollte möglichst bald beginnen, das beiderseitige Vermögen zu ermitteln. Häufig ist man nicht der Einzige, der über eine Trennung nachdenkt, und womöglich ist der andere Ehegatte bereits dabei, seine "Schäfchen" ins Trockene zu bringen.

Wer sich bisher nicht mit den ehelichen Finanzen beschäftigen wollte, sollte jetzt damit anfangen. Man muss wissen, worüber man selber verfügt, und was der andere hat, und man sollte das Vorhandene auch dokumentieren, indem man sich Konto- und Versicherungsnummern notiert, Fotokopien erstellt.

Es geht nicht nur darum, ein kritisches Auge auf den anderen zu werfen. Man muss auch prüfen, ob bei einem selbst Maßnahmen zur Sicherung des Vermögens erforderlich sind, etwa durch Auflösung oder Umwandlung von Lebensversicherungen oder privaten Rentenversicherungen.

Wobei mit Lebensversicherung nur Kapitallebensversicherungen gemeint sind, die auch im Erlebensfall zu einer Auszahlung führen.

Diese Kapitallebensversicherungen sind oft mit einem Wahlrecht ausgestattet, die es dem Versicherungsnehmer ermöglichen, sich später anders zu entscheiden, und statt einer Einmalzahlung eine regelmäßige Rente zu verlangen, die über einen längeren Zeitraum ausgezahlt wird.

Ähnlich ist es bei privaten Rentenversicherungen, auch sie enthalten teilweise ein Wahlrecht, mit dem man sich für eine Kapitalabfindung entscheiden kann.

Mit Blick auf das Scheidungsverfahren kann es taktisch klug sein, das Wahlrecht rechtzeitig auszuüben:

Beispiel 1: Verfüge ich über eine Kapitallebensversicherung, fällt diese in den Zugewinnausgleich, ich muss den während der Ehe erzielten Zuwachs mit meinem Ehegatten teilen. Aber auch nur, wenn diese Lebensversicherung bei Einleitung des Scheidungsverfahrens noch vorhanden war. Stichtag ist der Tag, an dem der Scheidungsantrag an den anderen Ehegatten zugestellt wurde. Das kann mein eigener Antrag sein, aber auch der des anderen, der mir zugestellt wird.

Wurde mir der Scheidungsantrag am 16.6. zugestellt, und hatte ich am 15.06. oder den Tagen davor mein Wahlrecht ausgeübt, mich also gegen die Einmalzahlung und für eine regelmäßige Rente entschieden, kann die Lebensversicherung nicht mehr im Zugewinnausgleich berücksichtigt werden.

Sie würde dann eventuell in den Versorgungsausgleich fallen, also als Rentenanrecht zählen, das kann aber im Einzelfall vorteilhaft sein:

Wer beim Zugewinn ausgleichspflichtig ist, muss bei Rechtskraft der Scheidung sofort zahlen, das schmälert die eigene Liquidität. Beim Versorgungsausgleich werden die spürbaren Folgen in die Zukunft verlagert. Außerdem kann der Ausgleich eines Rentenanrechts auch komplett unterbleiben, wenn bestimmte Bagatellgrenzen nicht erreicht werden, beim Zugewinn gibt es so etwas nicht, da zählt jeder Euro, der Zuwachs bei der Lebensversicherung wird also stets geteilt. Die "Flucht" in die Rentenzahlung kann gerade bei jungen Ehen interessant sein. Der Versorgungsausgleich ist nur dann von Amts wegen durchzuführen, wenn die Ehegatten zu Beginn des Scheidungsverfahrens mehr als drei Jahre verheiratet waren.

Beispiel 2: Auch das Gegenstück kann interessant sein: Verwandlung einer Rentenzahlung in eine Einmalzahlung. Hier ist ein anderer Stichtag maßgeblich, ein Rentenanrecht ist auszugleichen, wenn es "am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrages" (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) vorhanden ist.

Erfolgte die Zustellung des Scheidungsantrages am 16.06., muss das Rentenanrecht am 31.05. vorhanden gewesen sein. Ist es wenige Tage vorher erloschen, weil der Berechtigte sein Wahlrecht ausgeübt hatte, weg von der Rente, hin zu einer größeren Einmalzahlung, entfällt insoweit der Rentenausgleich.

Hatten die Ehegatten zudem Gütertrennung vereinbart, in einem Ehevertrag, bleibt einem die private Rentenversicherung komplett erhalten:

Im Versorgungsausgleich kann sie nicht mehr berücksichtigt werden, weil sie jetzt auf eine einmalige Kapitalabfindung gerichtet ist. Über den Zugewinn kommt man aber ebenfalls nicht mehr an sie heran, weil bei zuvor vereinbarter Gütertrennung kein Zugewinnausgleich stattfindet.

Wer erst nach Beginn des Scheidungsverfahrens für die Kapitalzahlung optiert, kann damit Erfolg haben. Ein Gericht kann ein Rentenwahlrecht nur ausgleichen, wenn es auch am Ende des Verfahrens vorhanden ist, meist wird erst dann über den Versorgungsausgleich entschieden.

Wer so etwas vorhat, sollte sich Gedanken über die Begründung machen. Gerichte stellen kritische Fragen, wenn sie den Verdacht haben, jemand wolle Teile seines Vermögens in Sicherheit bringen, um sie dem anderen Ehegatten zu entziehen (Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz).

Nachvollziehbare Gründe könnten sein: Verwendung der Einmalzahlung zur Tilgung von Darlehen, ein beruflicher oder privater Neuanfang, der Kapital erfordert, oder auch eine schwere Erkrankung, die einen zweifeln lässt, ob man noch in den Genuss einer Rentenzahlung kommt.

Auch im Erbfall können Lebensversicherungen und private Rentenversicherungen eine große Rolle spielen - siehe Teil 1.

Rechtsanwalt Lars Finke, LL.M., Fachanwalt für Familienrecht, Mülheimer Str. 85, 47058 Duisburg (Stadtteil Duissern)