Ehewohnung

Wer sich von seinem Ehegatten trennt, möchte schnell seinen eigenen Lebensbereich haben, und dem anderen nicht ständig begegnen müssen.

Wenn er bereits relativ sicher ist, dass es nicht mehr zu einer Wiederannäherung kommt, sollte man sich auch räumlich trennen. Wer minderjährige Kinder hat, tut sich meist schwer, diesen Schritt zu vollziehen. Viele glauben, es helfe Kindern, wenn Eltern so lange wie möglich unter einem Dach leben, auch nach einer Trennung.

Nach meiner Erfahrung ist es häufig umgekehrt, viele Kinder leiden unter der Aufrechterhaltung des Spannungszustandes. Manchmal empfinden Kinder das Auseinanderrücken der Eltern als geradezu erlösend. Sie wollen von beiden geliebt und beschützt werden, und geraten in Stress, wenn ihre Eltern nicht harmonieren. Kinder fühlen sich häufig berufen, zwischen streitenden Eltern zu vermitteln, viele fühlen sich sogar schuldig, sehen sich als Ursache des Ehestreits.

Von dieser Belastung kann man Kinder befreien, wenn man ihnen erklärt, dass nur die Eltern ein Problem miteinander haben, und sie als Erwachsene dieses Problem lösen werden. Sobald Kinder die Erfahrung machen, dass sie auch nach dem Auszug eines Elternteils weiterhin Kontakt zu ihm haben, bessert sich vieles.

1) Wer geht, ist draußen

Allerdings sollte auch kein Ehegatte überstürzt handeln, egal ob Kinder vorhanden sind oder nicht. Das Familienheim hat erhebliche finanzielle Bedeutung, wer auszieht, muss sich eine neue Wohnung oder ein neues Haus suchen, sich neu einrichten usw. Einige bereuen ihren schnellen Auszug, wollen am liebsten alles rückgängig machen und in die frühere Wohnung zurückkehren. Wenn diese weiterhin existiert, sollte man dies so schnell wie möglich artikulieren.

Es gibt nämlich eine gesetzliche Regelung, die einem die Rückkehr erheblich erschweren kann. Wer ausgezogen ist, und sechs Monate lang nicht deutlich zum Ausdruck bringt, in die Ehewohnung zurückkehren zu wollen, der ist draußen. In einem solchen Fall wird nach dem Gesetz "unwiderleglich vermutet, dass man dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht überlassen hat" (§ 1361 b Absatz 3 BGB), auch wenn man Eigentümer ist.

Diese Regelung beschränkt sich auf die Trennungszeit, es ist also noch nicht alles verloren, wenn jemand zu lange geschwiegen hat. Nach der Scheidung wird neu entschieden, wer die Ehewohnung nutzen darf. Aber bis zur Rechtskraft der Scheidung können durchaus mehrere Jahre vergehen.

2) Nutzungsvergütung

Wer die Ehewohnung für sich allein nutzen darf, entweder weil sie ihm vom Gericht zugewiesen wurde, oder weil der andere vor mehr als sechs Monaten auszog, kann verpflichtet sein, an den anderen eine Nutzungsvergütung zu zahlen. Insbesondere wenn einer oder beide Ehegatten Eigentümer sind. Dieser Anspruch auf Vergütung entsteht aber nicht schon mit dem Auszug, er muss ausdrücklich geltend gemacht werden, als eindeutig bezifferte Zahlungsaufforderung.

Es gibt für diese Nutzungsentschädigung keine klar festgelegten Beträge. Das Gesetz spricht von "Billigkeit", das heißt, es muss irgendwie angemessen erscheinen. Häufig schaut man auf den Mietwert, indem man fragt: Was wäre zu zahlen, wenn man sich eine vergleichbare Wohnung mieten müsste? Es kann aber auch sein, dass der in der Ehewohnung verbleibende Ehegatte überhaupt nichts zahlen muss, weil er zum Beispiel keine Einkünfte hat.

Deshalb sollte ein Ehegatte, der ausziehen möchte, nicht darauf bauen, vom anderen anschließend Geld zu bekommen.

3) Trennungsunterhalt

Eine Nutzungsvergütung kann auch dann nicht mehr verlangt werden, wenn feststeht, dass der in der Ehewohnung verbleibende Ehegatte weniger Unterhalt erhält, weil er sich einen Wohnvorteil anrechnen lassen muss, in Höhe der ersparten Miete. Das ist einleuchtend, beides geht nicht, man kann ihm nicht den Unterhalt kürzen, mit der Begründung, er wohne  mietfrei, und noch zusätzlich eine Nutzungsentschädigung verlangen. Man sollte sich genau überlegen, was einem wichtiger ist.

Ist die Ehewohnung sehr groß, und der Mietwert entsprechend hoch, können beide Ehegatten ein Interesse daran haben, so schnell wie möglich auszuziehen, um an den anderen keine Nutzungsvergütung zahlen zu müssen oder um ihren eigenen Unterhaltsanspruch zu erhalten.

Rechtsanwalt Lars Finke, LL.M., Fachanwalt für Familienrecht, Mülheimer Str. 85, 47058 Duisburg (Stadtteil Duissern)